Bericht

Bericht der German Comic Con Dortmund 2019: Viel größer aber auch viel besser?

 

Die German Comic Con (GCC) Dortmund feiert fünfjähriges Bestehen und hat sich in diesem Jahr neu aufgestellt. Mit fast 90 angereisten Stargästen legt sie in Sachen Quantität die Latte für kommende Conventions hoch.

 

Mit vier bzw. fünf der Dortmunder Westfalenhallen bieten die Veranstalter den Besuchern auch mehr Raum. Ein Saal wird nur für eine Convention in der Convention (einer Pretty Little Liars Reunion) genutzt, der Fan muss sich dazu jedoch ein extra Upgradeticket kaufen. Der neu gebaute Eingangsbereich wird ebenfalls als „Halle“ genutzt – dort befindet sich die zweite, kleinere Bühne, genannt „Stage Eingang Nord“.

 

Blick auf die Bühne 2

Die Lösung, zwischen den Hallen ein Einbahnstraßensystem einzurichten, hat sich bewährt und wird in der Hochverkehrszeit konsequent durchgeführt . Es ist zwar für den Wechsel zwischen den Hallen manchmal mit großen Umwegen verbunden und zeitaufwändig, aber aus Sicherheitsgründen unabdingbar. Bei geringem Verkehr wird diese Regelung aber auch gelockert.

Es gibt ACHT Bereiche für Photoshoots. Und hier zeigt sich auch der größte Knackpunkt der Veranstaltung. Es sind im Vorfeld sehr viele Fototickets verkauft worden. Verzögerungen im Ablauf lassen sich durch die Menge und den engen Zeitplan schwer auffangen. Wiederholt (David Harbour, Ian Somerhalder) werden am Samstag größere Gruppen an Fans weggeschickt, auf Sonntag verlegt oder auf den „Last Call“ vertröstet. Dies hat verständlicher Weise  große Unzufriedenheit und Frust zur Folge, die am Infopoint und bei Facebook Wellen schlagen.

Die Markierungen zum Anstellen vor den Fotoboxen sind Makulatur und werden nur teilweise beachtet. Meistens gibt es ein großes Gedränge und Geschiebe. Die Con Besucher, die sich ordentlich anstellen, sind später ggf. die Dummen, weil sie kein Foto mehr erhalten. Dass es auch anders gehen kann, zeigt die Box Sechs. Das Team dort ist präsent und gibt klare Ansagen. Die anderen Boxen sind „drinnen“ auch gut besetzt. Nur finden sich „draußen“ am Anstehbereich sehr wenige Ansprechpartner, die man fragen könnte und die Struktur schaffen könnten. Hat es dieses Mal zu wenig freiwillige Helfer gegeben oder ist der Krankenstand hoch gewesen?

Ian Somerhalder live on Stage

Auch diesmal verstecken sich manche Promis am Autogrammstand wieder hinter einem Vorhang. Das lässt die Con etwas an Charme verlieren, der Besucher sieht diese Star dann entweder nur auf dem Panel oder gegen Bezahlung kurz beim Photoshoot/Signieren.

Viele Händler sind anwesend und bieten ihre Waren an. Der Con-Besucher hat sehr viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Es gibt Stände zum Foto schießen, die Möglichkeit sich tätowieren zu lassen, eine Kletterwand usw. . Außerdem sind einige Comiczeichner vertreten, die auf Wunsch Bände signieren oder Zeichnungen malen. Das Angebot an Essen ist ebenfalls ausreichend, nur Platz zum entspannten Essen bzw. Sitzen ist rar. Am Samstag sind die Hallen schon am frühen Mittag sehr gut gefüllt.

Die Preise für die Fotos und die Autogramme bieten für jede Brieftasche etwas. Tickets können an einem extra Stand gekauft werden, sind aber vor Ort teurer als im Vorverkauf im Internet.

Es gibt ausreichend viele Panels auf mehreren Bühnen. Nicht jeder Star hat an jedem Tag ein Panel, daher muss sich der Fan gut vorbereiten und eventuell zwei Tage kommen um alle „seine“ Stars zu sehen. Da viele Stars einer Serie präsent sind, gibt es wiederholt Themen-Panels mit großen Gruppen. So kann jeder den Fans Frage und Antwort stehen. Die Folge ist leider aber auch, dass der Einzelne nur wenig zu Wort kommt, die Gespräche nicht ansatzweise in die Tiefe gehen können und oft jegliche Dynamik fehlt.

Über ein paar interessante Panels möchten wir im Folgenen berichten:

 

Synchronsprecher Panel

Moderator Sven Vössing & Synchronsprecher Ilona Brokowski, Jill Böttcher, Charles Rettinghaus and Dennis Schmidt-Foß

Es sind vier Synchronschauspieler angereist: Dennis Schmidt-Foß (u.a. Chris Evans, Ryan Reynolds…) , Charles Rettinghaus (u.a. Jamie Foxx, Robert Downey Jr., Richard Dean Morgan) , Jill Böttcher (u.a. Keiko Agena) und Ilona Brokowski (u.a. Alexis Bledel).

Die vier geben den Zuschauern viele Infos über ihren Beruf. Das Synchronisieren eines Films dauert ungefähr eine Woche. Bei manchen US-Amerikanischen Filmen kann es wegen Abstimmungsproblemen auch mehrere Wochen dauern.

Eine richtige Ausbildung zum Synchronschauspieler gibt es nicht. Die meisten Sprecher haben schon als Kind Erfahrungen sammeln können oder haben in der Schauspielerausbildung ein Sprachtraining o. Ä. erhalten. Die größte Schule sei aber das Sprechen bzw. die Erfahrung durch regelmäßiges Synchronisieren.

Synchronstudios sind überwiegend in München, Berlin, Hamburg und Köln ansässig. Dennis Schmidt-Foss sagt, dass es für Synchronschauspieler obligatorisch ist, dort zu wohnen und zu arbeiten. Einige Sprecher haben „ihren“ Schauspieler schon mal getroffen. Dafür bieten sich auch Convention an. Diese seltenen Gelegenheiten genießen sie.

Charles Rettinghaus spricht als Stammstimme von Robert Downey Jr auch Tony Stark im ersten Trailer von den Avengers. Im zweiten Trailer und im Film wird er dann von einem anderen Sprecher synchronisiert.  Dies sei die Entscheidung eines Supervisors gewesen. Die Besetzung für die Sherlock Holmes Reihe wird er jedoch wahrscheinlich behalten. Wenn in einem Film seine beiden Sprechrollen Jamie Foxx und Robert Downey Jr. zusammen spielen, schaut er, für welche Figur er mehr Geld erhält, fügt Rettinghaus scherzend hinzu.

Alle anwesenden Sprecher  verneigen sich ehrfürchtig vor  Synchronkollegen wie Thomas Dannenberg (u.a Arnold Schwarzenegger), Manfred Lehmann (u.a. Bruce Willis)  und Lothar Blumhagen (u.a. Christopher Plummer), die immer verlässlich abliefern und Vorbilder für alle sind. Dennis darf zum Abschluss noch ein paar anzügliche Kult- Sprüche von Deadpool aufsagen.

 

E.T. Panel mit Henry Thomas und Robert MacNaughton

Henry Thomas

Robert MacNaughton

Die beiden Schauspieler Henry Thomas und Robert MacNaughton haben wir auch viele andere Gäste der Convention am vergangenen Abend gemeinsam den Dortmunder Weihnachtsmarkt besucht und dort deutsches Essen und Glühwein probiert.

Henry Thomas ist bereits schon einmal in Deutschland gewesen und hat seinen Begleitern einige kulinarische Spezialitäten zeigen können. Die beiden genießen ihre Zeit in Deutschland. In New York gibt es zwar das Rockefeller Center mit dem großen Weihnachtsbaum aber die Stimmung sei in Deutschland viel schöner.

Entspannt sitzen die beiden Schauspieler nebeneinander auf dem Sofa und erzählen aus ihrer gemeinsamen Zeit bei den Dreharbeiten zu E.T. , die mittlerweile schon vierzig Jahre her sind. Beide sind im Laufe der Dreharbeiten Freunde geworden und sind es bis heute. Sie besuchen sich auch gegenseitig privat und sehen sich regelmäßig.

Robert und Henry haben schon vor E.T. als Kinderdarsteller gearbeitet. Robert erklärt, dass Henry mit seiner Natürlichkeit für die Rolle des Elliot perfekt gewesen sei.  Deswegen hätte ihn Steven Spielberg für die Hauptrolle ausgesucht.

Henry erzählt, dass es ihm mit Anfang Zwanzig ein paar Jahre lang schwer gefallen ist, Jobs als Schauspieler zu erhalten. Zwischenzeitlich hätte sich das geändert und er kann von der Schauspielerei gut leben. Er spielt im DC Universum die Rolle des „alternden“ Superhero Dr. Midnight und arbeitet als Synchronsprecher u.a. bei der Zeichentrickserie „Gargoyles“. Außerdem hat er einen Cameo-Auftritt im aktuellen Kinofilm „Dr. Sleep“.

Robert jedoch hat der Filmwelt den Rücken gekehrt und genießt nun Zeit für die Familie. Er arbeitet bei der amerikanischen Post als Briefträger mit regelmäßigen Essenszeiten. Es hat in seinem Schauspielerleben Höhen und Tiefen gegeben. Manchmal hat er seine Versicherung nicht bezahlen können. Nun schätzt er das regelmäßige Einkommen, dass er als Schauspieler nicht gehabt hat.

Auf die Frage, ob sie an Außerirdische glauben, antworten sie diplomatisch, dass die Wahrscheinlichkeit ihrer Existenz klein aber durchaus möglich sei. Jedoch WARUM sollten sie uns besuchen?

Auf die obligatorische Frage der lustigsten Begebenheit beim Dreh erzählen beide Schauspieler feixend folgende Geschichte: die Kinderdarsteller  bekommen während des Films von Steven Spielberg Actionfiguren ihrer Rollenfiguren gezeigt. Der noch sehr junge und naive Henry lässt sich daraufhin zum Ausruf hinreißen: „Toll, dann kann ich ab jetzt jederzeit mit mir selbst spielen“, worauf alle am Set angefangen haben, grölend zu lachen.

 

Giancarlo Esposito (Breaking Bad, The Mandalorian)

Giancarlo Esposito (Breaking Bad, Better Call Saul, The Mandalorian)

Giancarlo Esposito ist zur Zeit gut im Geschäft und erarbeitet sich regelmäßig neue Charaktere und Rollen.

Beim Casting für seine Paraderolle des Breaking Bad Bösewichtes Gustavo Fring hat er genau gewusst, wie er die Person anlegen muss. Funfact: Mitbewerber ist Oscarpreisträger Philip Seymour Hoffman gewesen. Zwölf Jahre später hat er es genossen, die Rolle noch einmal in der Prequel-Serie „Better Call Saul“ zu spielen.  Die Dreharbeiten zu seinem Filmende hat er noch gut in Erinnerung. Er hat stundenlang in der Maske sitzen müssen, um einen Abdruck seines Kopfes zu erhalten. Gewisse Teile davon sind dann noch digitalisiert worden.

In der neuen Disney-Serie „The Mandorianer“ übernimmt er eine spannende und ominöse Rolle. Dazu darf bzw. möchte er noch keine Details verraten. Das Publikum soll sich überraschen lassen. An die Rolle sei er über Jon Favreau gekommen, den er beim Dreh des Dschungelbuchs kennengelernt hat. Er sei mit seiner Gage eigentlich zu teuer für die Serie, da das meiste Geld für die Special Effects ausgegeben wird. Aber er wollte unbedingt dabei sein. Grinsend erzählt er, dass eine Rolle im Star Wars Universum ihm in Zukunft garantiert, immer bei einer Comicon willkommen zu sein. Er freut sich, mit Blick auf das zahlreiche Publikum, so gut von den Fans akzeptiert zu werden.

Als Vorbild erwähnt er den deutschen Schauspielkollegen Armin Müller-Stahl, mit dem er bei „Night on Earth“ von Jim Jarmusch gespielt hat. Der mittlerweile Neunzigjährige tröstet ihn in einen persönlichen Tiefpunkt und vermittelt ihm mit seiner einzigartigen Art, dass er authentisch bleiben und das Leben genießen soll.

Am Ende steht Esposito auf der Bühne und redet eindringlich und fast wie in einer Predikt auf die Anwesenden ein. Er möchte ihnen die wichtige Botschaft vermitteln, dass jeder immer die Möglichkeit hat, sein Leben zu ändern. Jeder braucht ein Ziel. Nur wenn man ein Ziel hat, kann man auch eins erreichen. Wir sollten nicht darüber reden sondern es machen. Alles ist möglich. Wir können alles schaffen! Wenn man es nicht ändern kann, entspanne dich und rege dich nicht darüber auf. Genieße das Leben. Daraufhin erhält er sehr viel Applaus.

 

Fazit

Die Durchführung der GCC Dortmund ist eine imposante und beeindruckende Leistung der ganzen Con-Crew. Schon allein von der Anzahl der Gaststars her ist es die bisher größte Convention in Deutschland. Das Team ist eingespielt und das Setting (Hallen, Vertragspartner) funktioniert routiniert. Die Maschinerie läuft, es gibt tolle Stargäste und die Resonanz der Fans ist groß.

Am Samstag stellt sich jedoch die Frage, ob es geholfen hätte, etwas weniger Tickets von den beliebteren Stars zu verkaufen, um allen Enttäuschungen und Ärger zu ersparen? Auch die Organisation der Photobereiche kann sicher verbessert werden, hier gab es einen Rückschritt zum nahezu perfekten Ablauf der vorhergehenden Convention.

Die Rückmeldungen vor Ort und im Netz sind in den beiden Fällen durchaus sehr kritisch, wobei sich am Sonntag die Umstände bereits ein wenig gebessert haben. Die Veranstalter haben jedoch in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie Kritik nicht ignorieren und konstruktiv damit umgehen (siehe z.B. Einbahnstrassen-Regelung zwischen den Hallen).

In diesem Sinne wünschen wir der GCC noch viele weitere erfolgreiche Jahre und sind gespannt auf die nächsten anstehenden Conventions.

 

 

 

Fotos: Markus Wissmann, Text: Tobias Böhm